eBay: Neue Rücknahmeprozedur bei eBay kann zu wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen führen

Zunächst bitte ich um Verständnis für den langen Beitrag, aber komplexe Dinge lassen sich nicht immer einfach darstellen. Dieser Thread stellt keine Rechtsberatung dar, sondern es werden hier Thesen zur Diskussion gestellt.

Der Ebay Rückgabeprozess ist zwischenzeitlich für ebay.de aktiviert worden. In den Verkäufereinstellungen wurde der Prozess von Ebay mit einer Standardeinstellung auf aktiviert gesetzt und kann (derzeit) manuell vom Verkäufer deaktiviert werden. Wir wollen den Prozess in diesem Thread ausschließlich von der rechtlichen Seite betrachten. Ist der Prozess rechtskonform oder droht dem Verkäufer eine Abmahngefahr?
Wenn man sich den Prozess anschaut, fällt zunächst einmal auf, dass 2 unterschiedliche rechtliche Vorgänge über diesen Prozess abgewickelt werden können. Zum Einen der Widerruf, zum Anderen der Sachmangel. Was passiert, wenn der Käufer den Rücknahmeprozess einleitet? Dem Käufer zeigt sich zunächst ein Menü, in welchem er auswählen kann, z.B. Artikel gefällt nicht oder Artikel falsche Größe/Farbe oder Artikel beschädigt, etc. In beiden Fällen, Widerruf oder Sachmangel, wird der Käufer über ein Pflichtfeld aufgefordert, die Daten für die Rückerstattung des Geldes einzutragen.

Betrachten wir zunächst den Widerruf:
Der Käufer wählt aus: Artikel gefällt mir nicht. Schon dies allein widerspricht der gesetzlichen Regelung (Der Käufer kann ohne Angabe von Gründen widerrufen). Der Verkäufer erhält eine E-Mail von Ebay (also von einem Dritten, nicht vom Vertragspartner) in welcher ihm lapidar mitgeteilt wird, dass der Käufer den Artikel zurückgibt mit dem entsprechenden Hinweis, welchen der Käufer im Menü ausgewählt hat. Diese E-Mail entspricht zwar bis hierher der für einen Widerruf zwingend vorgeschriebenen Textform, stammt aber nicht vom Käufer, denn Ebay ist der Absender. Es handelt sich also lediglich um eine Information seitens Ebay. Ebay dürfte kein Erfüllungsgehilfe des Käufers sein und ist auch nicht von ihm beauftragt, was seinerseits weitere Probleme, z.B. Vorlage einer Originalvollmacht, aufwerfen würde.
Es gibt dann noch einen Button, um sich Details anzusehen, dieser führt aber auf eine Webseite und entspricht damit eben nicht der vom Gesetzgeber geforderten Textform (zur dauerhaften Wiedergabe geeignet, z.B. Brief, Fax, E-Mail). Das Problem, das sich stellt und zur Abmahnung führen könnte, ist, dass dem Käufer suggeriert wird, er hätte einen rechtskonformen Widerruf erklärt. Das ist aber nicht der Fall, da der Widerruf nur in Textform oder durch Rücksendung der Sache erklärt werden kann.
Wir haben einen vergleichbaren Vorgang, wenn der Verkäufer eine Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung angibt. Hier wird, lt. Auffassung der Rechtssprechung, dem Käufer fälschlicherweise suggeriert, dass er auch telefonisch widerrufen könne. Im Falle des Ebay Rücknahmeprozesses wird ihm suggeriert, dass er durch diesen Prozess einen wirksamen Widerruf erklären würde. Wo liegt die Gefahr für den Verbraucher? Sie liegt in der Fristversäumnis!

Ich will es kurz an einem Beispiel darstellen:
Der Käufer kauft sich über ebay für seinen 3wöchigen Urlaub eine teure Kamera, welche auch in der Woche vor Urlaubsantritt geliefert wird.
Im Urlaub stellt er fest, dass die Kamera nicht seinen Erwartungen entspricht. Aus dem Urlaub zurückgekommen erklärt er, gerade noch zum Fristende, über den Ebay Rücknahmeprozess, seinen Widerruf. Den Rückversand nimmt er, da er glaubt, fristgerecht widerrufen zu haben, 4 Tage später vor. Der Verkäufer akzeptiert den Widerruf nicht, wegen Fristversäumnis.
Der Ebay Rücknahmeprozess entsprach nicht den gesetzlichen Anforderungen, obwohl fristgerecht, und die Rücksendung entsprach nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen, weil die Frist überschritten war. Der Käufer hat durch diesen Prozess einen nicht unerheblichen materiellen Schaden erlitten.

Wenden wir uns nun dem Thema Sachmangel zu:
Der Käufer wählt aus, dass der Artikel beschädigt ist und arbeitet das Formular ab. Er stellt an den Verkäufer einen Rückzahlungsanspruch. Nun glaubt der Käufer vermutlich, dass er wegen des Sachmangels den Warenwert zuzüglich Hin- und Rückversandkosten erstattet bekommt.
Dabei wurde nicht bedacht, dass der Verkäufer zunächst einen Nacherfüllungsanspruch hat, bevor der Käufer wegen eines Sachmangels vom Kaufvertrag zurücktreten kann. Da der Käufer aber einen Rückzahlungsanspruch gestellt hat, hat er die Nacherfüllung durch konkludentes Handeln verweigert. Der Sachmangel ist somit gegenstandslos geworden und der Käufer hat (vermutlich unbeabsichtigt) einen Widerruf erklärt. Hier könnte er, je nach Warenwert, unter Umständen auf den Versandkosten sitzen bleiben.
Zudem wird, obwohl das Feld mit einem Sachmangel ausgewählt wurde, über einen Link im Formular die vom Verkäufer hinterlegte Widerrufsbelehrung eingeblendet.

Fazit:
Der Rücknahmeprozess ist in der jetzigen Form mehr Risiko als Hilfe für Käufer und Verkäufer.
Wir empfehlen deshalb, den Rücknahmeprozess vorerst zu deaktivieren.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors:
Rudolf Braunsdorf, Präsident des Bundesverbandes Onlinehandel e.V., www.bvoh.de

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